Pynchon German translators interview
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The following is an interview with Nikolaus Stingl and Dirk van Gunsteren, the translators of Against the Day. Translation is a very complex and complex process, when it is necessary to preserve not only the context, but also the author's style. More information about what is important to observe during translation can be found at best writing services at https://bestwritingservice.com/ It originally appeared in the Neue Zürcher Zeitung here. Some commentary and a few lines translated at The Complete Review.
Pynchons genaueste Leser
Ein Blick in die Werkstatt der Übersetzer
Pynchon's Closest Readers
A look into the translator's workshop.
Fast ein Jahr arbeiteten Nikolaus Stingl und Dirk van Gunsteren an der Übertragung von «Gegen den Tag». In einem schriftlichen Interview skizzieren sie die Probleme und Freuden dieser Aufgabe. Interview: as.
Nikolaus Stingl and Dirk van Gunsteren worked on the translation of Against the Day for almost a year. In a written interview they outline the difficulties and joys of this project.
«Gegen den Tag» stellt beträchtliche Ansprüche an Phantasie, Registerbreite und Stilkunst der Übersetzer. Worin lag für Sie die grösste Schwierigkeit?
Against the Day places considerable demands on the imagination, tone? and style of translators. What was the biggest challenge?
Die Registerbreite war nicht so sehr das Problem, weil der Roman auch stilistisch so präzise gearbeitet ist, dass sich die zu verwendenden Stilmittel praktisch von allein ergaben. (Apropos präzise gearbeitet: Wir finden es bemerkenswert, dass dieses umfangreiche und in jedem Sinne des Wortes prallvolle Buch keinen sachlichen Fehler enthält – das ist keineswegs eine Selbstverständlichkeit.) Sicher stellt die enorme Bandbreite – von vollkommen albernen bis hin zu absolut hochliterarischen Passagen – hohe Ansprüche, wir haben das aber eher als Gelegenheit betrachtet, sprachlich-übersetzerisch in die Vollen zu gehen. Die grösste Schwierigkeit stellten die langen Perioden dar, die so gut konstruiert sind, dass man sie im Englischen auf Anhieb aufnehmen und verstehen kann. Dies im Deutschen nachzuvollziehen, ist eine sehr knifflige Arbeit. Das liegt unter anderem an den Wortstellungsdifferenzen zwischen den beiden Sprachen, die zur Folge haben, dass im Deutschen beispielsweise ganz andere Anschlüsse erforderlich sind. Auch ist das Englische für Wortwiederholungen sehr viel toleranter – im Deutschen muss man so manchen Haken schlagen, um sie zu vermeiden.
The (scope of) tone(?) was not that much of a problem, since the novel is, also in terms of style, so precisely crafted, that the appropriate stylistic devices ensued almost naturally. Apropos precisely crafted: We think it's remarkable, that this voluminous and in every sense of the word jam-packed book does not contain any factual flaws - which is by no means something to be taken for granted. Certainly, the novel's extraordinarily wide spectrum - reaching from the utterly ludicrous to passages of the highest literary standard - poses great demands on the translator, but we would rather look at that as an opportunity to go at it full tilt. The greatest difficulty came in translating those long periodic sentences, which are cunstructed so very well, that, in the english original, they are immediately grasp- and comprehendible. To emulate this in German is fairly tricky. Which, amongst other things, is attributable to the differences in sentence structure between the two languages, resulting e.g. in the fact, that in German completely different connections/links/segues(?) are required. Furthermore the english language is much less sensitive to the repetition of words - in German one has to take evasive action/go to quite some lengths in order to avoid them.
Intensiver Austausch
Intensive exchange
Wie haben Sie die übersetzerische Zusammenarbeit an dem Buch gestaltet? Ist es einfacher oder komplizierter, ein Buch zu zweit zu übertragen?
How did you perform the translation as collaboration? Is it easy or difficult to translate a book as a team of two?
Zunächst einmal: Normalerweise legt man ein solches Buch natürlich in eine Hand. In diesem Falle aber waren aufgrund des geplanten Publikationstermins die zeitlichen Vorgaben für die Übersetzung so eng, dass das unmöglich war. Die deutsche Übersetzung umfasste rund 2000 Manuskriptseiten, und dafür war knapp ein Jahr Zeit. Im Allgemeinen ist es sicher einfacher, die Alleinherrschaft über die Übersetzung eines in sich derart geschlossenen Buches innezuhaben, als sie sich mit jemandem zu teilen, weil man sich dann unentwegt miteinander abstimmen und über den Duktus verständigen muss. Da wir uns aber seit Jahren kennen, gut befreundet sind, auch schon andere Bücher gemeinsam übersetzt haben und uns über die grundsätzlichen Fragen des Übersetzens einig sind, haben wir die Zusammenarbeit eher als Gewinn empfunden. Wir glauben, dass dies auch der Übersetzung gutgetan hat. Praktisch sah das so aus, dass wir mehrmals täglich miteinander telefoniert und besonders schwierige Passagen diskutiert haben. Ausserdem haben wir unsere jeweiligen Übersetzungen ausgetauscht und gegenseitig redigiert. Von Vorteil war auch, dass jeder von uns bereits einen Roman von Pynchon übersetzt hat und wir mit seinen Eigenheiten sehr gut vertraut waren.
First of all: Normally you translate an entire book by yourself, of course. In this case, however, due to the planned publication date that was impossible. There was only a year to perform a German translation of 2,000 manuscript pages. In general, it is certainly easier to have exclusive control over the translation of so self-contained/cohesive a book, than to share it, because it requires constant dovetailing and conferring about style and flow. But since we've known each other for years, are good friends, have translated other books together and agree on the fundamental issues of translation, to us the collaboration was rather a benefit. We think that it did well for the translation... It came as another advantage, that each of us had already translated a novel by Pynchon so that we both were acquainted with his idiosyncrasies.
Die Polyfonie des Romans wird nicht zuletzt durch die Vielzahl literarischer Genres geprägt, mit denen er spielt – Jugendbuch, Western, die Tradition vom utopischen Roman bis zur Science-Fiction, aber auch stilistische Anspielungen etwa auf Poe oder Henry James. Wirft man da auch einmal einen Blick in entsprechende deutschsprachige Publikationen bzw. Übersetzungen, um im Leser das richtige Echo zu evozieren?
The polyphony of the novel is shaped not least of all through the many literary genres he plays with: children's books, Westerns, the traditions of utopian novels to science fiction, but also some stylistic allusions to Poe and Henry James. Did you take a look at corresponding German translations of those genres to evoke the right response in readers?
Selbstverständlich haben wir Bücher der in «Gegen den Tag» parodierten unterschiedlichen Genres gelesen. Das hat uns aber nicht in jedem Fall weitergeholfen. So ist es schwierig, wenn nicht gar unmöglich, einen Ton zu finden, bei dem der deutsche Leser zuverlässig E. A. Poe oder Henry James assoziiert, denn dafür gibt es eben keinen «verbindlichen» deutschen Ton, keine «kanonisierte» deutsche Übersetzung wie beispielsweise im Falle der Schlegel-Tieck-Übersetzung von Shakespeare. Es kann eigentlich immer nur darum gehen, durch gewisse Stilmittel eine bestimmte Epoche, ein bestimmtes Genre zu evozieren. Für uns war es auch gar nicht so evident, dass das Original bestimmte individuelle Autoren parodiert – Zusammenhänge ergaben sich allenfalls durch die Motivik. So findet sich, um nur einige Beispiele zu nennen, in den Luftschiffer-Passagen viel von der verklärenden Fortschrittsgläubigkeit eines Jules Verne, und bei den im Westen der USA und in Mexiko spielenden Teilen des Romans denkt man unwillkürlich an die frühen Westernromane von Louis L'Amour oder Zane Grey.
Obviously we've read books from the many genres Against the Day parodies, but these weren't always helpful. It's hard, if not impossible, to find a tone which German readers associate with Poe or Henry James, because there's no definitive German tone or translation as is the case with the Schlegel-Tieck translation of Shakespeare...
Handreichungen des AutorsPynchons Selbstverweigerung gegenüber der Öffentlichkeit ist nachgerade mythisch; auch seinem deutschen Verlag erlaubt er keine direkte Kontaktnahme. Wie hält er es mit den Übersetzern?
Pynchon mag sich der Öffentlichkeit verweigern, aber nicht seinen Übersetzern. Wir hatten naturgemäss zahlreiche Fragen, die eigentlich nur er beantworten konnte. Diese haben wir an seine Agentin gerichtet, die sie an ihn weitergeleitet hat. Er hat sie prompt, ausführlich und mit viel Humor beantwortet und war in jeder Hinsicht äusserst hilfsbereit.
Pynchon might refuse the public, but not his translators. We naturally had many questions that only he could answer. These we sent through his agent, who forwarded them to him. He answered them promptly, thoroughly and with much humor, and was in every respect extremely helpful.